Aufgrund der sensorischen Verarbeitungsstörungen erhalten viele Patienten mit Dup15q-Syndrom Ergotherapie mit Schwerpunkt „sensorische Integration”. Sensorische Integrationsstörungen sind Störungen des Zusammenspiels der Sinnesmodalitäten. Die Sinneseindrücke – über Augen, Ohren, Nase, Geschmacksnerven, Haut und Gleichgewichtsorgan- werden oft vom zentralen Nervensystem nicht “richtig” wahrgenommen bzw. gedeutet.
Die sensorische Integrationstherapie (nach Ayres) zielt auf die spielerische Förderung der Wahrnehmung ab. In einem Raum mit vielen Bewegungsmöglichkeiten wird geschaukelt, gehüpft, geklettert, sich über unebenen Boden fortbewegt. Verschiedene Materialien wie Sand, Bohnenbad, Rasierschaum, Creme etc. werden erkundet, um sowohl sensorische Abwehrreaktionen als auch Unterempfinden zu regulieren.
Strategien zur Förderung einer verbesserten sensorischen Modulation
Bei fehlender Körperwahrnehmung suchen Betroffene oft nach extremen propriozeptiven Reizen (Wippen, Hüpfen, Hyperaktivität). Folgende Aktivitäten und Strategien können zur Steigerung des Körperbewusstseins verwendet werden:
- Kompressionsanzüge sorgen für anhaltenden Druck
- Knöchel- / Handgelenkgewichte erzeugen zusätzlichen Widerstand
- Gewichtsweste, Gewichtsdecke zur Beruhigung
- Schieben und Ziehen von schweren Gegenständen: Möbel verschieben, Bücher tragen, Tauziehen
- Passiv ausgeübter tiefer Druck durch „Sandwich“-Spiele, Kriechen mit Widerstand, Körperrollen, Pucken
- Kontrolliertes Springen und Fallen
- Treppen steigen
- Allgemeine Aktivitäten zur Stärkung des Rumpfes, um den Muskeltonus des Rumpfes zu verbessern
Folgende Aktivitäten bewirken eine vestibuläre Stimulation und können ebenfalls das Körperbewusstsein steigern:
- Trampolinspringen
- Rennen
- In der Hängematte schwingen (Körper spürt so eine „Begrenzung“)
- Rollen, drehen
- Auf großem Gymnastik-Ball hüpfen
- Rollbrettspiele im Sitzen und Liegen
Aktivitäten, die die Aufmerksamkeit verbessern (unter Anleitung eines Therapeuten):
- Das Wilbarger Brushing Programm besteht aus Bürsten und anschließender Gelenkkompression, um die sensorische taktile Überempfindlichkeit zu verringern.
- Therapeutisches Zuhören und andere Zuhörtherapien können leicht in eine sensorische Diät / Heimprogramm integriert werden, um die Regulierung, Haltung und auditive Verarbeitung zu verbessern.
- Ein Rückzugsort mit Decken und Kissen
Sensorische Diäten versorgen den Einzelnen den ganzen Tag über in regelmäßigen Abständen mit den erforderlichen sensorischen Reizen, um die sensorischen Bedürfnisse des Betroffenen zu erfüllen. Es ist optimal, wenn diese Diäten sowohl zu Hause als auch in der Schule angewendet werden können. Bei der Entwicklung einer sensorischen Diät sollten folgende Systeme untersucht werden: taktiles-, vestibuläres-, propriozeptives-, visuelles-, akustisches System, sowie Geruch, Geschmack, Körperhaltung und Bewegung. Berücksichtige außerdem die möglichen Auswirkungen von Allergien, gastrointestinalen Problemen, Schlafmustern und Ernährung.
Therapeuten werden ermutigt, sowohl mit Familien als auch mit Schulpersonal zusammenzuarbeiten, um Betreuern und Erziehern dabei zu helfen, die Umsetzung einer sensorischen Diät zu erlernen. Im Idealfall können Therapeuten die sensorische Diät des Patienten bei Bedarf häufig und kontinuierlich überwachen und anpassen, wenn sich die sensorischen Bedürfnisse des Einzelnen ändern. Sensorische Diäten können auch zur Reduzierung von unerwünschtem Verhalten und / oder der Erhöhung von erwünschtem Verhalten dienen.